Im Jahre 9 n. Chr. erlitt ein römisches Heer unter Varus eine vernichtende Niederlage im „Teutoburger Wald“. Obwohl zahlreiche Anzeichen dafür sprechen, dass die umfangreichen Funde am Kalkrieser Berg nördlich von Osnabrück von diesem Ereignis stammen (https://www.kalkriese-varusschlacht.de/die-varusschlacht.html ), gibt es Zweifler. Denn von den Feldzügen mit riesigen Heeren, mit denen der Kaisersohn Germanicus in den Jahren 14-16 vergeblich die römischen Grenzen doch noch über den Rhein hinaus nach Osten ausdehnen wollte, fehlen praktisch alle Spuren. Ein führender Historiker des römischen Militärs, Peter Kehne, ordnete daher die Kalkrieser Funde der Schlacht an den Pontes Longi zu, in der ein Heer von vier Legionen im Herbst des Jahres 15 beinahe das gleiche Schicksal erlitt wie das Varus-Heer sechs Jahre zuvor. Darüber berichtet der römische Geschichtsschreiber Tacitus: https://www.gottwein.de/Lat/tac/ann0163.php .
Mit den Landschaftsschilderungen des Tacitus können Historiker wenig anfangen, da ihnen auch Vorstellungen vom Landschaftswandel seit römischer Zeit fehlen. Zudem gelten die Beschreibungen des Tacitus manchen als eher fiktionale Unterhaltungs-Literatur. Doch wertete Tacitus tatsächlich die Feldzugsberichte im Senats-Archiv sehr verlässlich aus, wie beispielsweise die präzise archäologische Bestätigung seiner Darstellung der Schlacht bei Gelduba (Krefeld) im Bataver-Aufstand im Jahr 69 zeigt: https://www.krefeld.de/de/stadtmarketing/bataverschlacht/ .
Als Historiker und Geograf versuchte ich also im Jahr 2019, die Schilderungen des Tacitus zu den Germanicus-Feldzügen auf den konkreten Raum östlich des Rheins zu beziehen. Die Ergebnisse sind verblüffend. Es zeigt sich, dass für einen Geografen der Aktions-Raum quasi „kleiner“ ist als für einen Historiker, da das Verständnis konkreter landschaftlicher Gegebenheiten ihn fassbar und überschaubar machen. Das gilt umso mehr, als mit dem Standlager zweier wichtiger Legionen – dem Fürstenberg bei Xanten und dem Fundkomplex bei Kalkriese – Fixpunkte gegeben sind, die die Bewegungsräume der Truppen bestimmen und einengen.
Meine Ergebnisse und Argumente stelle ich hier nach und nach zur Diskussion.
